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Bilder aus der Fleiner Geschichte

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Die Ersterwähnung 1188

   Und so hatte auch Flein Grund zu feiern. 800 Jahre war es seinerzeit her, dass der Name des Dorfs zum ersten Mal in geschriebener Form aufgetaucht ist, in einer Urkunde des hohen Mittelalters. Um genauer zu sein: am 23. April 1188.

Nun war das nur ein historischer Zufall, denn das Dorf war auch damals schon weit älter. Anlass des Jubiläums war nicht die Gründung des Dorfs, sondern ein Geschäft, im speziellen Fall ein Heiratsvertrag, in dem vom Bräutigam verschiedene Güter auf die Braut übertragen wurden, zu denen auch Güter in Flein gehörten, die nicht näher beschrieben wurden - Äcker, Weinberge, Häuser, Höfe, Vieh und Menschen - wir wissen es im Einzelnen überhaupt nicht.

Eine erste Erwähnung ist also ein Zufall: sie findet sich nicht im ältesten Schriftstück, das über eine Gemeinde angelegt wurde, sondern in dem Schriftstück, das bis heute überlebt hat. Gerade aus dem frühen Mittelalter ist das aber nur ein Bruchteil dessen, was geschrieben wurde. Vielfältig sind die Möglichkeiten, dass Urkunden vernichtet wurden, durch Feuer und Mäuse, Wasser und unachtsame Schreiber, die beim Kopieren das Tintenfässchen umstoßen. Ganz abgesehen von bewusster Vernichtung, sei es etwa in unruhigen Zeiten wie den Bauernkriegen oder in Kriegszeiten, oder in normalen Zeiten, wenn jemand ein Interesse daran hat, dass bestimmte Dinge in Vergessenheit geraten ...

Dazu kommt noch, dass in den Anfangsjahren und Jahrhunderten der germanischen Besiedlung Rechtsgeschäfte nicht der Schriftform bedurften. Man machte die Sache mündlich ab, vor Zeugen, und das Wissen um solche Rechts- und Besitzzustände wurde auch mündlich überliefert. Das hing nicht zuletzt damit zusammen, dass das Schreiben und die Schrift im frühen Mittelalter nur gebildeten Klerikern geläufig waren.

Die Fleiner Urkunden - es existieren heute noch zwei Fassungen dieses für die europäische Geschichte durchaus bedeutenden Vertrages - bewahren etwas dieser archaischen Vorgehensweise dadurch, dass es sich um Chirographe handelt, um Kerfbriefe: Zwei Urkunden mit gleichlautendem Text wurden auf ein großes Stück Pergament geschrieben und dann unregelmäßig auseinander geschnitten, so dass die Echtheit der Abschriften durch Aneinanderlegen der Stücke überprüft werden konnte. In unserem Fall gab es ursprünglich allerdings mehr als zwei Stücke; das staufische Eheversprechen für den Kaisersohn Konrad, der die kastilische Königstochter Berengaria heiraten sollte, war unter etlichen Aspekten so bedeutsam, dass mehrere Belegstücke notwendig waren - und so haben sich in diesem Fall auch zwei identische Stücke erhalten, die heute beide in Spanien liegen. Dazu später mehr.

Die erste Erwähnung eines Ortes ist also nichts weiter als ein zufälliges Aufblitzen von Gewissheit im langen Lauf der Geschichte - ähnlich wie ein einzelner archäologischer Fund. Auch wir Historiker können in dem Licht, das diese kurzen Blitze in die frühe Geschichte werfen, nur wenig erkennen, nur grobe Grundzüge, Konturen. Für mehr fehlt das Licht.

 

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